Donnerstag, 12. November 2009

Goldcoast: Halloween at Surfers Paradise

Freitagabend auf dem Heimweg von Woolies. Das vorletzte Assignment ist abgegeben, die letzte Deadline lässt noch ein paar Tage auf sich warten...was also tun...mit dem freien Wochenende? Spontan wie wir eben sind haben Mateja und ich kurzerhand beschlossen einen Trip an die benachbarte Gold Coast in Angriff zu nehmen. Viel Zeit für derartige Ausflüge bleibt uns ohnehin nicht mehr...mal ganz abgesehen davon, dass sich die finanzielle Lage auch schon langsam zuspitzt. Ab und an vernehme ich ein Seufzen, ein tiefes, verzweifeltes, erschöpftes Seufzen...und ich bin ganz sicher, es kommt aus meiner Geldbörse. Es ist die kleine feine Plastikkarte, die so viel Freude in meinem Leben, aber auch so viele Sorgenfalten auf meiner Stirn - und der meines Bank-Beraters - hinterlässt! Wie auch immer, solange mir das Meister-Kärtchen nicht in einem der unzähligen Surfer-Shops entrissen und in tausend Einzelteile zerschnitten wird, mach ich weiter wie gewohnt...Conny Cash-Credit-or-Savings Ertl...wie immer auf der Jagd nach allem, was massive Übergepäckskosten verursachen wird. Naja, ich bin sicher, dass sich auch das mit einem Knopfdruck und einer Unterschrift erledigen lässt...wunderbare Plastikwelt :-)
Das alles soll aber natürlich nicht heißen, dass unsere spontanen Ausflugsplanungen nicht durchaus gefinkelte, ausgeklügelte und raffinierte Sparmaßnahmen beinhalten! Kombiniert mit den richtigen Connections ergibt das zumeist ein gar sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis. Mateja und ich sind in der glücklichen Lage mit Ben zusammen zu wohnen...Benjamin John Fisher...durch und durch australisch: in Adelaide geboren, in Darwin aufgewachsen, Student an der USC in Queensland, seine Blutgruppe: Coopers (Bier), das genau so "AUSTRALIAN MADE" ist wie das gleichnamige Tattoo auf seinem Oberarm. Wie auch immer...Ben arbeitet jedenfalls samstags und montags bei Thrifty, einer Autovermietungs-Firma...TOUCHÉ :-))))
Wir Mädels haben also mal wieder all unseren Charme spielen lassen und sind schließlich mit Bikini und internationalem Führerschein im Gepäck am Samstag um 7.30 Uhr mit Ben Richtung Thrifty Office Maroochydore gefahren, wo ich kurze Zeit und eine Unterschrift später den Schlüssel für einen knallroten Hyundai Getz in Händen hielt. Wieviel - bzw. wie wenig - uns dieser Spaß für ein Wochenende gekostet hat, lasse ich an dieser Stelle unerwähnt...am Ende würde noch jemand die Qualität dieses wunderbaren Autos in Frage stellen, und das will ich auf jeden Fall vermeiden :-P



Der kleine Hyundai Flitzer war wirklich ok, naja, mal ganz abgesehen davon, dass sich das Lenkrad, der Schaltknüppel und überhaupt alles irgendwie auf der falschen Seite befindet...aber wenn man erst mal zwei oder drei Kreuzungen hinter sich hat, gewöhnt man sich auch als Europäer schnell daran beim Blinken dann doch den Blinker an Stelle des Scheibenwischers zu verwenden *g*
Sonnenbrille, iPod und GPS: das Rezept für einen gelungenen Road-Trip! Mit meiner Sonnenbrille bin ich wirklich zufrieden, auch der iPod macht mich glücklich...über das GPS lässt sich allerdings streiten! Eine deutsche Frauenstimme, die uns nicht den Motorway entlang Richtung Gold Coast geführt hat...NEIN...zur Abwechslung einfach mal direkt durch Downtown Brisbane. Warum auch nicht? Ist ja schließlich schon Monate her, seit ich in den Genuss einer zünftigen City-Rush-Hour gekommen bin. Warum hör ich auch auf eine Deutsche? *g*
Wie auch immer, so hatten Mateja und ich jedenfalls nochmals eine ausgiebige Sightseeing Tour durch Brisbane :-)




Nach knapp 2,5 Stunden Autofahrt erreichen wir endlich unser Ziel: Surfers Paradise...das Miami Australiens! Blauer Himmel, Sonnenschein, Strand, Meer, Wellen, Surfer, Sixpacks, Hotels, Shopping Boulevards, Bars, Clubs...und zwei Wiener Mädels: mittendrin statt nur dabei!


Unterkunft hatten wir zwar noch keine, wir wollten aber auch nichts überstürzen...kann ja nicht so schwer sein an einem Traumwetter-Wochenende zu Halloween ein Zimmer irgendwo in Surfers Paradise zu finden...hehehehehe...legen wir uns also erst mal an den Strand...no worries, no dramas, just relaxxxx!




Ich schmiere mir also ausgiebig Sonnencreme auf jede Stelle meines Luxuskörpers...naja...fast jede. Wie sich ein paar Stunden später heraus stellt, hab ich zwei Hotspots ausgelassen: meine Kniekehlen. Für alle, die sich ein schadenfrohes Grinsen jetzt nicht verkneifen können: keine Panik, ist absolut berechtigt. Abgesehen von der Tatsache, dass ein derartiger Sonnenbrand wahnsinnig schmerzhaft ist, sieht er nämlich wirklich auch unglaublich bescheuert aus!
Hat sich übrigens schon mal jemand gefragt, wie man Kniekehle wohl ins Englische übersetzt? Die Antwort: es gibt tatsächlich kein eigenes Wort dafür...ein SKANDAL!! Wenn diese Körperteile in der Lage sind derartige Schmerzen zu verursachen, auf die Sonne also eine nicht unwesentliche Anziehungskraft ausüben, dann verdienen sie wohl in JEDER Sprache ein eigenes Wort, oder seh ich das falsch? Egal...ich philosophiere hier lediglich ein bisschen vor mich hin, werde damit aber wohl kaum die englische Sprache revolutionieren. Für alle, die sich jetzt immer noch fragen, wie man Kniekehle auf Englisch übersetzt: back of the knee...so einfach, so unspektakulär, so ungerecht...einfach nur die Rückseite eines anderen Körperteils. Klingt aber jedenfalls besser als wenn man versucht das Wort aus dem Deutschen 1:1 zu übersetzen...dann würde es wohl "knee throat" heißen und hätte spätestens dann so gar nichts anziehendes mehr...weder für die Sonne, noch für sonst irgendjemanden!
Genug über die englische Sprache philosophiert, genug Sonne getankt, rein nach Downtown Surfers Paradise, rein ins Vergnügen!





Erst sind wir mal gemütlich in 3 oder 4 oder 5 Hotels reinspaziert, um festzustellen, dass an diesem Wochenende wohl tatsächlich JEDES Zimmer gebucht, reserviert und vergeben war. Ist das zu fassen? Weil wir auch aus Prinzip nie auf unsere australischen Freunde hören wollen, die uns das bereits prophezeit haben!
Wir waren jedenfalls immer noch sehr entspannt und haben uns entschlossen uns erstmal mit der Umgebung vertraut zu machen und irgendwo ein nettes Abendessen zu genießen. Als wir also so durch die Straßen schlendern, stehe ich plötzlich auf einem Stern...ein Pearl-Jam-Stern...daneben ein AC/DC-Stern, daneben ein Rolling-Stones-Stern...usw., ich richte meinen Kopf nach oben und da ist es...ENDLICH...ein Hard Rock Café in Australien!



Nicht, dass ich ein unglaublich großer Fan davon wäre, aber dennoch hat sich eine gewisse Tradition entwickelt. Begonnen hat alles vor 10 Jahren in San Francisco...mein erster Besuch in einem Hard Rock Café...sweet sweet memories, weiter gings in Los Angeles, Berlin, London, Niagara Falls...und dann hatten Mami und Papi in Lissabon die glorreiche Idee mir anstatt kitschiger Souvenirs eine All-Access-Hard-Rock-Café Karte mitzubringen...juhuuu, jetzt bin ich Mitglied...in einem Unternehmen, das sich wohl irgendwie heftig am absteigenden Ast befindet...in Sydney hats zugesperrt, genauso in Melbourne und in Wien hat vorsichtshalber erst gar nie eines aufgemacht *g*
Wie auch immer, die Tradition setzt sich fort...Mami und Papi in Barcelona...Töchterchen im Surfers Paradise. Und wieder einmal stelle ich fest, dass sich die All Access Karte ganz wunderbar mit meiner Kreditkarte versteht *seufz*


Zwei überteuerte Riesen-Cocktails und ein ebenfalls überteuertes (aber rrrrrichtig gutes) Riesen-Steak später haben wir uns also weiter auf die Suche nach einer Nachtherberge gemacht. Ich versuche mich zu erinnern wie oft ich den Satz "Do you have a room available tonight?" gesagt bzw. den Satz "Sorry, not tonight, we´re fully booked!" gehört habe. Zu oft jedenfalls! Bis wir dann zu guter letzt im Marriott eingerauscht sind...da gab es tatsächlich noch eine Suite mit Oceanview um knapp 300 Dollar bzw. zwei Executive Suites um...weiß der Teufel wieviel die gekostet hätten! Die nette Rezeptionistin sieht uns erwartungsvoll an, Mateja wirft mir einen leicht verzweifelten, fragenden Blick zu und ich wusste sofort, welcher Kampf sich in diesem Moment in ihrem Kopf abspielt: Marriott oder Hyundai...flauschiges Bett oder Autositze...eigenes Badezimmer oder Public Beach Toilet...verschließbare Zimmertür oder Zentralverriegelung...Oceanview durchs Suite-Fenster im 23. Stock oder Parkplatz-View durch die Windschutzscheibe...sparen oder verprassen...was sollen wir nur tun? Nun ja, nachdem ich wirklich überall ziemlich gute Connections hab AUSSER in Surfers Paradise...und schon gar nicht im dortigen Marriott Hotel...gibt es auf diese Frage nur eine Antwort: Auto! Alles im Sinne eines effizienten Zeit- und Finanzmanagements! Schlafen wird ohnehin überbewertet!

In diesem Sinne: auf zum Liquor Store! Wird halt im Auto vorgeglüht, da muss man flexibel sein! Besondere Situationen erfordern eben besondere Maßnahmen. Mit Plastikbechern, einer Flasche Vodka und einer Flasche Orangensaft kehren wir also zu "unserem" Getz zurück und machen es uns gemütlich. Das Auto voller Sand, wir voller Sand...und alles, was uns bleibt ist ein kleines Waschbecken an der Main Beach Public Toilet. Ich möchte an dieser Stelle übrigens auch nicht verabsäumen ein paar Zeilen über diese wunderbare Einrichtung zu schreiben. Man betritt das stille Örtchen, in erster Linie natürlich um seine Notdurft zu verrichten...dem Ruf der Natur zu folgen...oder aber auch um sich für die kommende Partynacht zu stylen...und sogleich stellt sich heraus, dass dieses Örtchen gar nicht so still ist, wie man vielleicht vermutet hätte. Man schließt die Tür hinter sich und wundert sich zunächst über die tiefe Männerstimme, die in dem Moment ertönt: THE DOOR IS CLOSED...aha, alles klar, danke für die Info...PRESS THE BUTTON TO LOCK THE DOOR...okay, ich presse also den Button, habe nämlich an einem Ort wie diesem ungern Gesellschaft...THE DOOR IS NOW LOCKED...ich freue mich außerordentlich über diese Ansage und hoffe inständig, dass das Entsperren genauso reibungslos funktioniert. YOU HAVE NOW 10 MINUTES UNTIL THE DOOR WILL BE UNLOCKED...wow, in diesen Lokus marschiert man also besser nicht mit einer Zeitung unterm Arm...hehehehe...nachdem es sich allerdings ohnehin um eine öffentliche Toilette handelt, wage ich zu bezweifeln, dass es jemanden gibt, der es sich dort länger gemütlich machen möchte.
Ebenfalls erwähnenswert ist die Musik, von der man in diesem intimen Moment begleitet wird: "What a wonderful world" trällert es aus den Boxen und irgendwie fühlt man sich mehr wie in einem Fahrstuhl als in einer WC-Anlage.
Wie auch immer...ich denke, das waren an dieser Stelle genug Details zum Thema Public Toilets an der Gold Coast :-)))

Zurück im Auto tauschen wir die Flip Flops gegen High Heels, schmieren uns Sand aus und Make Up ins Gesicht und wärmen uns mit russischer Unterstützung langsam für die kommende Halloween-Nacht auf.


Einen Vorgeschmack auf den Wahnsinn, der uns erwartet bekommen wir früher als uns lieb ist, als sich an der Strandpromenade, direkt vor unserer Nase - bzw. Windschutzscheibe - eine dezente Schlägerei anbahnt. Man nehme eine Gruppe pubertierender australischer Jungs, eine weitere Testosteron-Ansammlung mit Migrationshintergrund und jede Menge Alkohol...das verträgt sich nicht...verträgt sich gaaaaaaar nicht. Erst waren wir live dabei als das Stenkern losgegangen ist, das Ganze ist dann in eine Schlägerei ausgeatet, die sich dann relativ schnell aufgelöst hat, als sich die beiden Gruppen getrennt haben. Gerade als sich Mateja und ich erleichtert ansehen wollten, um uns anschließend weiter unserer Vodka-Flasche zu widmen, trafen die beiden Schläger-Truppen exakt an der selben Stelle wieder zusammen...diesmal mit Schlagstöcken, Ketten und zerbrochenen Glasflaschen. Als das erste Opfer ein paar Minuten später blutend auf der Straße lag und das Auto neben uns halb zertrümmert wurde, war es Zeit für PANIK...und Zeit für eine Entscheidung:
- aussteigen, rennen und dem gemieteten Getz seinem Schicksal überlassen
- aussteigen und mit einem Gespräch à la "Gewalt ist keine Lösung" versuchen den Streit zu schlichten
- regungslos im Auto sitzen bleiben, beten und hoffen, dass wir nicht entdeckt werden
- nach einer halben Flasche Vodka Gas geben und das Auto samt uns aus der Gefahrenzone bringen

Nachdem mir in dieser Situation mein Leben wichtiger war als mein Führerschein, habe ich mich für die letzte Variante entschieden. Und ja, ich weiß, ich neige ab und an zu Übertreibungen, aber was sich da abgespielt hat war keine gewöhnliche Schlägerei, das war eine ausgewachsene Straßenschlacht, und zwar keine 5 Meter vor unserer Nase! Ich will gar nicht darüber nachdenken was alles hätte passieren können...bzw. was wirklich noch alles passiert ist, nachdem Mateja, ich, der Getz und der Vodka außer Reichweite waren!
Nachdem wir diese Action heil überstanden hatten, haben wir auch noch den Rest des Schreckens betäubt, der uns in den Gliedern saß und haben uns von unserem Mietauto/Hotelzimmer in Richtung Clubszene verabschiedet.




Ich kann mich an eine Bar erinnern, in der eine Live-Band gespielt hat...ich kann mich an ein paar Shots, Bier und verrückte Halloween-Kostüme erinnern...an verdammt viel Regen, einen letzten Boxenstop bei Macces (McDonald´s *g*) und einen nächtlichen Strandspaziergang jenseits jeglicher feinmotorischer Eleganz. Nennen wir es einen Zustand temporärer Konfusion, in dem wir schließlich im strömenden Regen zu unserem Hyundai zurück gekehrt sind, wo ich zumindest noch in der Lage war zwei Handgriffe zu tätigen: 1) Zentralverriegelung aktivieren und 2) Sitze zurück klappen!
Ja, da lagen wir...mitten in unserem roten Miet-Flitzer...mitten am Parkplatz an der Hauptpromenade...zugedeckt mit unseren Strandhandtüchern...mit der traurigen Erkenntnis, dass wir es nicht geschafft haben die ganze Nacht durchzumachen, um uns am nächsten Tag am Strand auszuschlafen. Dieser Plan wurde allerdings ohnehin vom Wetter durchkreuzt, das uns einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht hat.
Ein paar Stunden später wache ich zum ersten Mal auf...immer noch Regen...die Scheiben sind beschlagen...ich fühle mich um 30 Jahre älter...mein Nacken ist steif und mein Kopf fühlt sich an, als würde er in einem Schraubstock stecken. Von dem Gefühl in der Magengegend will ich gar nicht erst anfangen.
Ich sehe nichts als Wolken, Regen und ein Straßenreinigungsfahrzeug. Wir sind inzwischen das einzige Auto, das noch auf dem Parkplatz steht und ich mache mir ernsthafte Sorgen, dass ich demnächst von einem an die Scheibe klopfenden Polizisten zum Aufstehen gezwungen werde, der sich wundern wird, warum eine leere Vodkaflasche in der Mittelkonsole steht...
So weit ist es aber Gott sei Dank gar nicht gekommen...abgesehen vom wahrscheinlich heftigsten Kater meines Lebens gab es keine Komplikationen beim Schlafen in der Öffentlichkeit. Und verboten hin oder her...der Blick in den Spiegel war ohnehin Strafe genug!


Unser erster Weg an diesem Morgen führte uns direkt zu Gloria Jeans Coffee...das hat ein kleines bisschen geholfen...dann waren wir frische Luft schnappen und sind den Strand entlang spaziert...bis um 9 Uhr endlich die Geschäfte ihre Pforten geöffnet haben und wir mal wieder viel zu viel Geld ausgegeben haben...und zwar so lange bis ich in das besorgte Gesicht einer Verkäuferin geblickt habe, die mich dezent auf das Creditcard-Display hinweist: DECLINED...oooops...ich hatte wohl mal wieder genug...genug von allem...

Das Wochenende an der Gold Coast: too much sun, too much vodka, too much shopping...Zeit wieder nach Hause zu fahren...nach Hause an die Sunshine Coast, mit der wir uns - wie sich auch nach diesem Ausflug wieder bestätigt hat - den wahrscheinlich schönsten Platz in ganz Australien ausgesucht haben!